
Alleinerziehend – Zwischen unsichtbarer Stärke und alltäglichem Überleben
Alleinerziehende Mütter und Väter sind oft Held*innen des Alltags – still, unsichtbar und viel zu selten anerkannt. Sie jonglieren mit Aufgaben, die eigentlich auf mehrere Schultern verteilt sein sollten: Erziehung, Haushalt, Arbeit, Termine, Papierkram, emotionale Begleitung – und ganz nebenbei sollen sie auch noch gesund, stabil und belastbar bleiben. Dabei sind die Herausforderungen nicht nur organisatorischer, sondern vor allem auch emotionaler Natur.
Unsichtbare Stärke
Was alle alleinerziehenden Menschen verbindet, ist diese oft still getragene Stärke.
- Es ist die Kraft, trotz Müdigkeit aufzustehen.
- Es ist die Geduld, trotz Frust zuzuhören.
- Es ist das Durchhalten – wenn niemand sieht, wie sehr man kämpft.
Diese Stärke ist leise, aber tief. Und sie verdient Respekt – nicht nur an Muttertag oder in Talkshows, sondern jeden Tag im Jahr.
Meine eigene Geschichte
Ich war selbst viele Jahre lang alleinerziehender Vater meiner Tochter Svenja. Diese Zeit war von tiefer Liebe und intensiver Nähe geprägt – aber auch von Erschöpfung, Sorgen und dem ständigen Gefühl, zu wenig Zeit, Geld und Kraft zu haben.
Svenja lebt mit einer Behinderung. Ihre Bedürfnisse sind besonders – und besonders intensiv. Die Verantwortung, die ich als Vater übernommen habe, war allumfassend. Es ging nicht nur um Termine, Medikamente, Therapien oder Anträge. Es ging um ihre Welt, die ich mit ihr tragen musste.
Heute leben wir in einem gut funktionierenden wöchentlichen Wechselmodell mit ihrer Mutter. Eine Lösung, die uns als Eltern, aber auch Svenja entlastet. Doch ich weiß, wie viele Eltern – vor allem Mütter – diese Option nicht haben. Sie stemmen alles. Jeden Tag. Jede Nacht. Ohne Pause.
Einsamkeit und Verantwortung
Viele Alleinerziehende erleben eine tiefgreifende Einsamkeit.
Freundschaften gehen verloren. Soziale Teilhabe wird zum Luxus. Partnerschaft? Für viele ein ferner Traum.
Gleichzeitig ruht auf ihren Schultern eine Verantwortung, die kaum teilbar ist – weder emotional noch finanziell.
Sie kämpfen sich durch Kita-Streiks, Schulsorgen, Jobverpflichtungen, Haushalt, Behördengänge und endlose To-Do-Listen.
Zwischen all dem bleibt kaum Luft zum Atmen – geschweige denn Raum für eigene Bedürfnisse. Und obwohl sie so vieles tragen, werden sie in politischen Debatten häufig übersehen oder auf ihre „Erziehungsleistung“ reduziert.
Was wir sehen sollten
Wir sprechen oft von „starken Müttern“ oder „tapferen Vätern“ – aber selten von Strukturen, die ihnen wirklich helfen.
Wir reden zu wenig über faire Löhne, verlässliche Betreuungsangebote, echte Teilhabe, steuerliche Entlastung oder über die psychische Belastung, die mit all dem einhergeht.
Was wir brauchen, ist mehr als Applaus.
Was wir brauchen, ist Veränderung.
Denn niemand sollte so viel allein tragen müssen.
